Sneak Peek: Am Filmset der Filmakademie Baden-Württemberg

 


Ob Dokumentationen, Fiktionen, oder Animationen: rund 250 Filme entstehen jährlich an der FABW in Ludwigsburg.

»ANNA – Tales for Tomorrow« ist einer dieser Filme. Der fiktionale Kurzfilm zeigt eine dystopische Zukunft, geprägt von Klimawandel und Umweltkatastrophen. Realisiert wird er in Kooperation mit Studierenden der norwegischen Universität Trondheim. Wir durften dabei sein, als die Klappe zum ersten Mal fiel. Im Interview: Producerin Merle Lola Millingen.

Merle Lola Millingen (links) am Filmset: Sie ist eine Producerin des Kurzfilms »Anna — Tales for Tomorrow«. Es ist gleichzeitig ihr Abschlussfilm im Studiengang »Internationale Produktion« an der FABW Ludwigsburg.

»Silence please, we are ready to shoot.« – »Rolling!« ruft es durch das Filmstudio, dann ist es mucksmäuschenstill.

Rund 30 Personen verharren in ihren Positionen, einige schauen gespannt auf einen kleinen Monitor. Hier im Filmstudio der Filmakademie Baden-Württemberg drehen sie die ersten Szenen des studentischen Filmprojekts »ANNA – Tales for Tomorrow«.

Es ist April 2022 und der erste von insgesamt 21 Studio- und Außendrehs. Im Studio ist es warm, das Set ist düster. Es zeigt eine karg eingerichtete Wohnküche, Bilder hängen an der Wand, auf dem Herd dampft ein Teekessel. Außenrum stehen Scheinwerfer, eine Nebelmaschine, Kisten voller Technik, Stative. Molton verhängt das Set. Es einzurichten, hat drei Wochen gedauert. Hier stehen sich nun zwei Schauspielerinnen gegenüber. Bis zu sechs Mal wiederholen sie eine Szene. Verschiedene Einstellungen werden gedreht, der Regisseur Jonathan Behr gibt Anweisungen.

Der Stunt-Instructor gibt einer Schauspielerin Tipps, wie sie sich bei einer dynamischen Körperkontaktszene am besten bewegt — damit es real wirkt und das Verletzungsrisiko minimiert wird.

Action am Filmset: Die beiden Schauspielerinnen üben den Ablauf einer Ohrfeigen-Szene, bevor die Klappe fällt. Währenddessen richtet der Kameramann die Filmkamera aus.


Zwischen den Szenen
herrscht emsiges Gewusel.

Kameraobjektive werden gewechselt, Nebel gefächert, die Haare der Schauspielerinnen zurechtgemacht. Alle wissen, welche Aufgaben sie zu tun haben. Heute sind 30 bis 40 Mitarbeitende am Set. Inklusive der Kompars:innen arbeiten während der gesamten Projektzeit rund 250 Menschen an dem Film, 95 Prozent von ihnen ehrenamtlich, erzählt Merle Lola Millingen. Sie studiert »Internationale Produktion« an der Filmakademie und ist eine Producerin des englischsprachigen Kurzfilms, der gleichzeitig ihr Abschlussfilm ist.


Anna —
Tales For Tomorrow

Der Film basiert auf dem Roman »2084 – Noras Welt« des norwegischen Schriftstellers Jostein Gaarder und erzählt die Geschichte der 16-jährigen Anna.

In Zeiten der Klimakrise sucht sie nach Hoffnung und Zuversicht, nach Antworten und Perspektiven, wie eine Welt aussehen kann, in der wir auch zukünftig leben können. Ihre Reise führt sie in eine dystopische Zukunft, wo sie auf ihre eigene Enkelin und ihr älteres Ich trifft.


Die Filmemacher:innen realisieren das Projekt in Zusammenarbeit mit Studierenden der norwegischen Universität in Trondheim. Vier Tage haben sie auch in Norwegen gedreht. Finanziell trägt sich der Film über Umweltstiftungen und -projekte wie das Ludwigsburger Klimabündnis, Filmförderungen, Diplomgeld der Filmakademie und Crowdfunding.

Bis Frühjahr 2023 will das Team den Film fertigstellen, so dass er ab dem Sommer auf Filmfestivals gezeigt werden kann. Anschließend wird der Film bei der Digitalen Klimaschule und anderen Veranstaltungen zum Thema Klima zu sehen sein.

Vier Tage hat die Filmcrew auch in Norwegen gedreht — mit einem kleinen mitgereisten Team aus Deutschland. Bild: Martin Schork

Regisseur Jonathan Behr (zweiter von rechts) mit Schauspieler:innen von »Anna — Tales for Tomorrow«. Bild: Martin Schork


 
 

PRODUCERIN MERLE LOLA MILLINGEN ZU »ANNA — TALES FOR TOMORROW«

Interview: Marianne HaRr


Marianne: Wie kamt ihr auf die Idee, das Buch »2084 – Noras Welt« zu verfilmen?

Merle Lola: Christina Honig, die ebenfalls Producerin des Films ist, und Maj Weidlich, die Autorin des Films, mögen den Schriftsteller Jostein Gaarder sehr. Er hat unter anderem den Bestseller »Sofies Welt« geschrieben. Sein Buch »2084 – Noras Welt« handelt davon, wie unsere Zukunft unter dem fortschreitenden Klimawandel aussieht: Dürren, ein gestiegener Meeresspiegel, Klimaflüchtlinge, Artensterben. Christina, die sehr engagiert und aktiv im Bereich Klimaschutz ist, fand den Roman toll und hatte direkt die Idee, ihn als Film umzusetzen. Wir haben dann den Verlag angeschrieben und die Rechte dafür bekommen, den Stoff zu verfilmen. Schlussendlich haben wir eher Elemente aus dem Buch verwendet und lassen den Film im Jahr 2082 spielen, statt 2084. Wer das Buch kennt und dann den Film sieht, wird merken, dass es zwei sehr unterschiedliche Stoffe sind.

Der Film findet in der Zukunft statt. Was bedeutet das für den Dreh?

Besonders spannend war es, uns zu überlegen, wie diese Zukunft aussehen wird, zum Beispiel bei der Kleidung. Bis 2082 werden wir kaum noch derart viel Kleidung produzieren wie heutzutage und vor allem gebrauchte Klamotten tragen. Dasselbe gilt für die Möbel und Ausstattung. Für das Set haben wir daher Gegenstände von heute sozusagen in 60 Jahre später transformiert.

Ihr arbeitet in einem großen Team, dazu noch in Kooperation mit norwegischen Studierenden. Wie ist diese Zusammenarbeit und was sind die Herausforderungen?

Die Arbeit ist wirklich unglaublich schön. Wir haben großes Glück, ein so engagiertes Team zu haben. Alle sind so begeistert von der Mission hinter dem Projekt und wir sind über die Zeit sehr zusammengewachsen. International zu arbeiten, ist immer auch eine tolle Chance für uns studentische Filmschaffende. Die Arbeitsweisen unterscheiden sich, wenn man im Ausland arbeitet – das ist gerade das Spannende daran und wir können viel voneinander lernen.

Die größte Herausforderung für uns war es, unseren Film während der Pandemie zu drehen. Wir mussten die Dreharbeiten oft verschieben und öfter sind Teammitglieder krankheitsbedingt ausgefallen. Zudem hatten wir extra Kosten wegen PCR- und Antigen-Tests.

Euer Film thematisiert die Klimakrise. Wie geht ihr selbst während der Produktion mit dem Thema Klimaschutz um? 

Unser Dreh ist ein sogenanntes »Green-Shooting«. Unser Ziel ist es, bei der Produktion so wenig CO2 zu verursachen, wie nur möglich. Dafür haben wir extra einen Green-Consultant. Er berät uns, wie uns das gelingen kann. Zum Beispiel achten wir genau auf Mülltrennung, verwenden keine Plastikbecher oder Einwegflaschen. Stattdessen füllen wir Wasser aus Glas-Containern in Gläser und Flaschen. Wir haben einen Deal mit einer Bäckerei, von der wir Brot und Brötchen vom Vortag bekommen, außerdem essen wir nur vegan und vegetarisch. Es gibt also viele Aspekte, die man bei einem solchen Dreh umstellen kann.

Ihr setzt den Kurzfilm als Studierende der Filmakademie Baden-Württemberg um. Welche besonderen Möglichkeiten bietet euch das Studium? 

Die Filmakademie Baden-Württemberg ermöglicht uns Studierenden, uns »selbst zu finden« und das unter den besten Bedingungen. Wir haben die besten Lehrenden, die neueste Ausstattung, und machen viele Exkursionen, bei denen wir uns vernetzen können. Außerdem sind unsere Dozierenden zum größten Teil selbst aktiv im Markt. So lernen wir von denen, die die Filmbranche genau kennen und uns zeigen können, wie es in der Realität wirklich abläuft. Unsere Universität ist generell sehr unterstützend bei allem was wir beruflich erreichen wollen.

Nach den Dreharbeiten stehen nun die Fertigstellung und Veröffentlichung des Films an. Was ist das Ziel eures Projekts? 

Mit unserem Film wollen wir durch spannende Unterhaltung auf das Thema der Klimakrise und die Verantwortung, die wir haben, aufmerksam machen.

 

Infos zum Kurzfilm »ANNA – Tales for Tomorrow«

Länge: ca. 30 Minuten
Sprache: Englisch

Regie: Jonathan Behr
Producerinnen: Merle Lola Millingen, Christina Honig
Drehbuch: Simon Schulz, Maj Weidlich
Kamera: Philip Müller
Schnitt: Felix Karte
Szenenbild: Nora Balmer, Theresa Schwark, Sueda Afsar, Jonathan Behr
Kostüm: Anika Lara Metzroth
Hauptdarstellerin: Hanne Kjølmoen, Antonie Jasmin Salburg 
Nebendarstellerin: Ulrike Johannson

 

Danke, dass wir euren Dreh ein Stück begleiten durften. Wir sind schon sehr gespannt auf den fertigen Film und wünschen euch ganz viel Erfolg damit!

Marianne vom Team #halloludwigsburg


Veröffentlichung: 27. Februar 2023
Autorin: Marianne Harr
Bilder vom Filmset in Ludwigsburg: Deborah Schulze
Bilder aus Norwegen: Martin Schork Photography