Was der Frühling mit Ludwigsburg macht
Kolumne
von Denise Bürkle
Frühling in Ludwigsburg: Am Seeschloss Monrepos chillt es sich idyllisch unter Bäumen.
Sonnenstrahlen haben
endlich genug Wumms,
um die Jacken auf
Halbmast zu öffnen.
Und mit ihnen die Biergärten. Dank der Vitamin-D-Flut gibt es keinen Grund mehr für die Stressfalte, die einem aber mangels Sonnenbrille ins Gesicht geschrieben steht. Er ist da: der Frühling. Und mit ihm wieder so etwas wie Gefühle.
Schwäne dümpeln grazil über den Neckar, Pärchen turteln inmitten des Marktplatzes mit den Stadttauben um die Wette, und irgendwo quält jemand auf der Bärenwiese seine Gitarre. Herrlich.
Leute grinsen zurück.
Sogar in der leicht verspäteten S4 nach Marbach. Der Blick löst sich kurz vom Handy – gezwungenermaßen, denn die extreme Bildschirmhelligkeit der knallenden Sonne macht alles unlesbar.
Ohne kaltes Radler in der Hand könnte man sich vor Freude kaum halten. Alles, was jetzt nicht pastellfarben ist, sind die grauen Bratwürste vom Penny. Es riecht in ganz Ludwigsburg, als hätten die selbsternannten Grillmeister über Nacht Bäume mit dutzenden »Angrillen«-Wunderbäumen behängt.
Und tagsüber? Da wird erbittert um das letzte freie Fleckchen Grün am Monrepos gekämpft, während eine Gen-Z-Gruppe Techno aus der umgehängten JBL-Box dudelt. Und trotz des schlechten Soundtracks fühlt man sich wie in einem verdammt guten Coming-of-Age-Film. Klar, denn wegen dieser Jahreszeit hatte Schwarzweißfernsehen nie eine Überlebenschance.
Ständle am alten Bahnhof: Ganz schön urig, in Ludwigsburg-Eglosheim zwischen Favoritepark und Planetenweg.
Schon der Gang zum nächsten Biergarten ist ein kompletter Ausflug.
Festes Schuhwerk? Overrated. Pommes Schranke? Underrated. Man kommt wegen Ketchup und Mayo, geht aber mit einer neuen Frisur – und vielleicht einem kurzen Auftritt von ein paar schüchterner Wolken, die man beim Warten in der Schlange bestaunt.
Die Stadt hat Bock.
Die Menschen haben Bock.
Für einen kurzen Moment ist alles leicht – und genau so, wie es sein sollte. In zwei Wochen wieder Regen. Vielleicht. Aber das ist Zukunfts-Traurigkeit. Heute ist heute – und heute riecht es nach Sonnencreme Lichtschutzfaktor 30, Grillkohle und Möglichkeiten. Und in den Vororten nach Gülle.
Nichts mehr hinterfragen, weil man sowieso nur nach vorne schaut. Kein Frieren mehr, aber die Gänsehaut bleibt. Und sich sicher sein: Schön steigert man mit Frühling.
Veröffentlichung: 28. April 2025
Autorin: Denise Bürkle
Bilder: Deborah Schulze