Ist das Kunst oder kann das weg?

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»Wir haben an der Wand nichts hängen, was uns nicht selbst gefällt«,

bekennt Barbara Watzl, die das gleichnamige Kunsthaus in Ludwigsburg gemeinsam mit ihrem Mann Peter führt. »Wir stehen hinter den Bildern, die wir verkaufen, und wir können zu fast jedem Bild eine Geschichte erzählen.«

Auf genau diese Geschichten waren wir neugierig und haben den Watzls einen Besuch abgestattet.

Mitte April besuchen wir das Kunsthaus Watzl in der Schorndorfer Straße 120 in Ludwigsburg mit angegliederter Rahmenwerkstatt. Mit seiner knallbunten Garage und der überdimensionalen Nana-Figur auf dem Dach fällt es gleich ins Auge. Regelmäßig fahre ich, [Tabea] auf meinem Heimweg hier vorbei. Bislang ohne zu wissen, was genau sich hinter der Fassade verbirgt. Umso gespannter bin ich, was uns hier erwartet.

Bild: Barbara Watzl

Bild: Barbara Watzl

 

 
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Das erwartet dich im Kunsthaus Watzl

Kunst: Bilder bekannter Künstler:innen (Originale, Kunstdrucke und Reproduktionen)

Stile: Pop-Art, Abstraktmalerei, Fotografie zeitgenössischer Künstler, aber auch Klassiker wie Monet, Kandinsky und Matisse

Rahmenwerkstatt: für gekaufte und eigene Bilder
• Rahmen und Einrahmungsberatung
• Auch Rahmung von Fotos der Kinder und Enkel oder von Urkunden möglich
• Reparatur defekter Rahmen inklusive Glas
• Spiegelanfertigungen nach Maß
• Vergoldung: egal ob Kinderschuh oder Brezel — mit goldener Hülle drumherum werden Erinnerungsstücke ewig haltbar und zum besonderen Hingucker (ab 150 Euro)

 

 

Mit Künstler:innen arbeiten?
Sehr eigenwillig — eine große Herausforderung!

Seit 33 Jahren gibt es das Kunsthaus Watzl. Die Watzls haben es zusammen aufgebaut und dabei viele Höhen und Tiefen erlebt. Wie ihnen das gelungen ist, wollen wir wissen. »Durch persönliches Engagement, fachliche Kompetenz und Stilsicherheit aus Überzeugung. Das spricht sich herum«, formuliert es Barbara Watzl, die uns fröhlich empfängt und uns direkt das »Du« anbietet. Fast zwei Stunden lang unterhalten wir uns mit ihr über die bewegenden Jahre des Kunsthauses, über anspruchsvolle Kunstsammler:innen und die richtige Passepartout-Farbe.

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Zum Interview haben wir es uns — mit Abstand — am Beratungstisch gemütlich gemacht. Um uns herum sind die Wände eng mit Bildern bekannter Künstler:innen behängt. In einer Ecke stehen hunderte Rahmenwinkel zur Auswahl und in der Etage unter uns werden die Bilderrahmen gefertigt. Sogar im Treppenhaus hängen weitere Bilder — hier wird jeder Zentimeter genutzt!

»Alles, was ihr seht, kann man kaufen«, erläutert Barbara das Prinzip.

 
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Barbara hat schon als Kind einen Kaufladen besessen und wusste, dass sie irgendwann einen Laden haben will.

Ein einschneidendes Erlebnis hatte sie 1988, während sie sich in einer kleine Siebdruckerei in Kornwestheim umschaute. Als sie der Inhaberin von ihrem Plan erzählte, sich mit Kunst selbstständig zu machen, riet man ihr ab: »Machen Sie das bloß nicht! Mit Künstlern zu arbeiten ist schwierig und als Selbstständige hat man ständig Sorgen.« Da dachte sie sich: Jetzt erst recht! Dank dieser Reaktion wusste Barbara Watzl plötzlich, dass sie das Richtige tut. Heute sagt die 66-Jährige voller Überzeugung: »Ich habe mir damals den Traum erfüllt und lebe ihn täglich weiter. Und ich kann jedem nur empfehlen, seinen Traum zu leben und das zu machen, was ihm Spaß macht.«

 
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Das passende Bild zum Sofa — oder umgekehrt?

Besonders Spaß macht Barbara Watzl seit jeher die Beratung der Kund:innen, die sie liebevoll als Kunstsammler, Raumgestalter und Fotografieliebhaber zusammenfasst.

Raumgestalter? Damit meint sie Leute, die ihre Wohnungen regelmäßig umdekorieren und in dem Zuge auch ihre Wände mit neuen Bildern schmücken wollen. Manche von ihnen kaufen sogar mehrmals im Jahr neue Bilder im Kunsthaus — passend zur aktuellen Dekoration des Wohnzimmers.

Und dann gibt es die Kund:innen, die das passende Bild zu ihrem roten Sofa suchen. Frau Watzl reagiert dann ganz gelassen und schlägt vor, ein Sofakissen mitzubringen, um die Farben aufeinander abzustimmen. Denn oft sei dies das Wichtigste – das beides farblich miteinander harmoniert. Was im Bild gezeigt wird, finden viele dagegen nebensächlich. Barbara schmunzelt: »Ich verkaufe den Leuten dann meistens ein neues Sofa und ein Bild dazu.«

Und selbst wenn jemand völlig planlos in das Kunsthaus kommt und sagt: »Ich suche irgendein Bild«, bringt sie das nicht aus der Ruhe. Sie fragt dann nach, ob jemand gern reist, Kinder oder Hunde hat, eine Farbe gar nicht mag oder speziellen Hobbys nachgeht. Dann kristallisiere sich nach und nach heraus, was ihr oder ihm gefallen könnte.

 
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Worauf Ludwigsburger Kunstliebhaber:innen stehen und weshalb die Watzls oft ramponierte Plakate einrahmen

Die Liebe zur Kunst ist so individuell wie die zu den Menschen. Manchmal ist man tatsächlich auf den ersten Blick in ein Bild verliebt. So passierte es den Watzls einst mit einem Kunden, der innerhalb von fünf Minuten ein Bild einer Ex-Ludwigsburger Malerin kaufte. Die Künstlerin hatte es gerade erst hineingebracht und war sogar noch anwesend. Manchmal dauert es jedoch auch zwei Jahre, bis ein passendes Bild gefunden ist.

Was ist in der Region Ludwigsburg besonders gefragt?

»Das ist jeden Tag anders — es gibt keine Regel. Wie im Restaurant, in dem an einem Tag alle Schnitzel bestellen, an einem anderen Fisch«, will Barbara sich nicht festlegen. Was hier nicht so gut gehe, sei dagegen eindeutig: »Meerbilder und Waldbilder«. Wie treffend, denke ich. Deborah sagt immer, dass sie hier in der Region das Meer so vermisse. Bei mir ist es der Wald. Scheinbar kaufen die Menschen eher Motive, die ihnen vertraut sind und denen sie hier auch begegnen.

 
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Wie der Geschmack für Kunst, so ist auch der Wert eines Bildes eine sehr persönliche Sache.

Barbara berichtet: »Manche werfen die teuersten Bilder weg. Andere behalten die billigsten Plakate.« Aus diesem Grund bekämen sie auch oft alte Plakate aus der Jugendzeit der Kund:innen mit ausgefransten Ecken zum Rahmen ins Kunsthaus gebracht. Einfach, weil sie für die Leute wertvolle Erinnerungen darstellen.

 
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Über den Geschmack der Watzls: »Das isch unsers!«

Der persönliche Geschmack der Eheleute Watzl spielte auch immer eine Rolle – wie Barbara eingangs erläuterte. Peter Watzl stehe auf abstrakte Kunst. Sein Lieblingsbild eines betagten Ludwigsburger Künstlers hänge in ihrem Wohnzimmer. Seine Frau mag Bilder mit mehr Inhalt: gegenständlich, aber abstrahiert. Ihr Lieblingsbild stammt vom einem Bietigheimer Maler und zeigt einen gedeckten Frühstückstisch mit übergroßem Insekt darauf. Barbara entdeckte das Bild bei einer Ausstellung des Künstlers in Frankfurt. Ohne lange zu überlegen, ging sie zum anwesenden Maler und erklärte: »Das isch unsers«. Seitdem hängt das Bild im Besprechungsraum der Watzls.

Diese Entschlossenheit begegnet uns noch öfter bei Barbara. Sie ist eine Frau, die weiß, was sie will. Und auch, was ihr nicht gefällt: »Seidenmalerei. Die ist auch schwer einzurahmen. Aber die macht heute sowieso keiner mehr. Noch schlimmer sind Gobelins [gewebte Wandteppiche].«

Wer in solch kreativem Umfeld arbeitet, ist sicher auch selbst kreativ unterwegs, oder? Durchaus: Barbara wird bei der Gestaltung von Werbeplakaten gern kreativ. Ihr Mann geht seiner Kreativität in der Freizeit als Gärtner, Koch und Autobastler nach.

 
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Wie kommt die Kunst ins Haus?

Ein Kunsthaus charakterisiert sich nicht nur durch die Betreiber, sondern ganz wesentlich durch die Künstler:innen, deren Werke gezeigt werden. Über zwei Wege gelangt die Kunst ins Hause Watzl: Entweder will das Paar eine:n Künstler:in haben. Dann kontaktieren sie das entsprechende Management. Das funktioniere mal leicht, mal schwer. 

»Weltbekannte Künstler ins eigene Portfolio zu integrieren, war nicht so einfach«, so Barbara.

Wie sie es letztlich geschafft haben? Mit der Selbstsicherheit und dem Beharrungsvermögen von Barbara: »Wir haben den Manager so lange angerufen, bis es zu einem persönlichen Termin kam!« Der andere Weg ist, dass die Künstler:innen sich beim Kunsthaus Watzl bewerben und vorbeikommen, um ihre Werke vorzustellen. Ob jemand aufgenommen wird, entscheidet das Paar stets gemeinsam.

Die Bilder einiger Künstler:innen werden über viele Jahre angeboten. Die meisten wechseln jedoch regelmäßig, sodass es immer etwas Neues zu sehen gibt im Kunsthaus Watzl. Früher kamen die meisten Künstler:innen aus der Region, heute werden Bilder aus der ganzen Welt verkauft.

 
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Künstler:innen im Kunsthaus Watzl

Seit vielen Jahren im Kunsthaus Watzl vertreten: James Rizzi, Devin Miles, Udo Lindenberg, Janosch und Thitz.

Weitere aktuelle Künstler:innen: Andreas Görzen, David Gerstein, Francis Fulton Smith, Gunda Jastorff, Harald Glööckler, Herman, Iris Rüdel, Janosch, Otto Waalkes, Renata Schepmann, Volker Kühn, James Francis Gill und Eva Gieselberg.

Regionale Künstler:innen: Sigrid Artmann mit ihren Kalligrafien, Jens Schöttle mit seiner Mesh-Art, Flin Noller mit ihren Kronkorken-Bildern, sowie der Graffiti-Sprayer Fosi.

Gleichzeitig sind stets etwa 20 Künstler:innen vertreten, die regelmäßig wechseln. Ein Traum wäre, folgende Künstler auszustellen: Gerhard Richter und Banksy.

 

 

Fast alle Künstler:innen kennen die Watzls persönlich. Letzten Sommer war Harald Glööckler zu Besuch, den Barbara als sehr nahbar empfunden hat und der ihr ausführlich alle sein 22 Bilder erklärte.

 
Wir sind eine kommerzielles Kunsthaus und gehen nach dem Trend.
— Barbara Watzl
 
Inhaber Peter Watzl

Inhaber Peter Watzl

 

Das teuerste verkaufte Bild »hatte ganz viele Nullen«.

Genauer möchte Barbara sich nicht festlegen lassen. Gibt es auch Bilder unter 100 Euro? Ja, Stiche von Ludwigsburg, Kunstdrucke oder auch unser Ludwigsburg Cityposter sind deutlich günstiger zu haben.

Uns interessiert, ob die Watzls auf der Rückseite eines Bildes schon einmal etwas Spannendes entdeckt haben. In der Tat, manchmal sei das Bild hinten schöner als vorn, findet Barbara. Beim Ausrahmen stoße sie häufig auf Briefe und Gedichte von Künstlern und sogar auf versteckte Zeichnungen. Das hatte früher meist finanzielle Gründe, da die Künstler sich nicht so viele Leinwände zum Zeichnen leisten konnten. Also bemalten sie sie doppelt.

 
Ehepaar Watzl

Ehepaar Watzl

 

Geschichte des Kunsthaus Watzl

»Die 33 Jahre sind so schnell rumgegangen. Es war immer ein auf und nieder. Wir haben alles durchgemacht.« – Barbara Watzl

Wir wollen mehr über die Geschichte des Hauses erfahren. Der Ursprung des Kunsthauses liegt im Handwerk: Die Ludwigsburgerin Barbara Watzl ist gelernte Fotolaborantin und war 15 Jahre lang Einkäuferin bei der Firma Krauss-Photo. Sie war für zehn Filialen zuständig und beschaffte Rahmen für die Bilder der Kunden. Schon damals spielte sie mit dem Gedanken, ihre Kenntnisse und ihr Wissen in einer eigenen Rahmenwerkstatt umzusetzen.

Gemeinsam mit ihrem Mann Peter, der aus Bönnigheim stammt, wagte sie in den frühen 1980er-Jahren ein Experiment. In ihrem Wohnhaus in Freiberg am Neckar veranstalteten die beiden eine Vernissage. Werke von sechs Künstlern wurden angeboten und fast alle Bilder wurden verkauft! Nach diesem Erfolg sagte Barbara, schon damals entschlossen, zu ihrem Mann: »Wir können das doch auch professionell machen!«

 
Aus Barbaras Fotoalbum: Aufbau der Verkaufsräume in der Oßweiler Lagerhalle. Bild: Barbara Watzl

Aus Barbaras Fotoalbum: Aufbau der Verkaufsräume in der Oßweiler Lagerhalle. Bild: Barbara Watzl

Die ersten Verkaufsräume: Rahmen in allen Größen. Bild: Barbara Watzl

Die ersten Verkaufsräume: Rahmen in allen Größen. Bild: Barbara Watzl

 

Lagerfläche im Oßweiler Industriegebiet als Ausgangspunkt für wachsendes Kunsthaus

Eine Weile trugen sie den Gedanken mit sich herum, waren sich jedoch in der Ausführung nicht einig. Barbara wollte zunächst eine Kneipe eröffnen, in der sie Bilder ausstellte. Da war ihr Mann dagegen, weil er abends nicht allein zuhause sitzen wollte. Eines Morgens sagte sie zu ihm: »Pass auf, wir machen einen Laden auf. Wir verkaufen Bilder und Rahmen und beliefern kleine Fotogeschäfte mit Bilderrahmen.«

Gesagt, getan! Von anderen wurde sie zunächst belächelt — als Frau eines gutverdienenden Porsche-Mitarbeiters, die sich einer Liebhaberei hingab. Doch Barbara zog ihren Plan durch. Gemeinsam suchten sie nach einer geeigneten Fläche. Sie wollte 150 Quadratmeter, er erwiderte: »Wir nehmen 300 Quadratmeter, ich kenne dich!« So mieteten sie 1988 im Industriegebiet Oßweils eine Lagerfläche im Souterrain an und legten los.

 
Umzug in die neuen Räumlichkeiten in der Schorndorfer Straße.  Bild: Barbara Watzl

Umzug in die neuen Räumlichkeiten in der Schorndorfer Straße. Bild: Barbara Watzl

 

Große Möbelhäuser als Konkurrenz befördern die Weiterentwicklung

1991 wurde ihr Sohn geboren. Peter Watzl nahm Elternzeit, was damals noch sehr ungewöhnlich war und stieg 1993 voll ins Unternehmen seiner Frau ein. Bald fragten erste Kund:innen nach individuellen Einrahmungen und die Watzls stellten zwei Buchbinderinnen ein. Barbara informiert sich, sucht Lieferanten, bildet sich weiter und bot bald also auch dies an. An diesem versteckten Ort am Stadtrand Ludwigsburgs groß zu werden, funktionierte nur, weil das Paar bereits bekannt war und so die Kundschaft herlocken konnte.

Solange, bis nach und nach die großen Möbelhäuser wie Ikea, Hofmeister und XXXLutz aufploppten, die ebenfalls Rahmen verkauften. Diese Konkurrenz bekamen die Watzls zu spüren und mussten sich etwas Neues überlegen. So entstand das Kunsthaus, in dem nicht nur Rahmen angepasst wurden, sondern auch Kunst angeboten wurde. Sieben Jahre später konnte sich das Paar das jetzige Haus leisten und zog an die Schorndorfer Straße 120 um.

 
Ehepaar Watzl. Bild: privat

Ehepaar Watzl. Bild: privat

 

Erfolgreich dank klarer Regeln und Rollen

Als Paar über so viele Jahren hinweg erfolgreich zusammenzuarbeiten funktioniert laut Barbara nur, wenn einer im Vordergrund steht und der andere zurückgenommener ist. Diese Konstellation lebt das Paar nun bereits seit über 30 Jahren, mit ihr als Gesicht des Hauses und ihrem Mann als Partner im Hintergrund — wobei die Rollen im Laufe der Jahre auch mal gewechselt haben. Generell gilt: Peter kümmert sich um die Finanzen, um die Werkstatt und die Aufhängung der Bilder bei den Kund:innen. Seine Frau übernimmt die Werbung, die Beratung und den Verkauf.

Ich habe nie wegen des Geldes gearbeitet.
— Barbara Watzl

Beiden sei es nie ums Geld gegangen, sondern darum, dass die Kund:innen zufrieden sind. »Wir haben immer wieder investiert. Immer wieder das Geld hineingesteckt ins Kunsthaus«, erzählt Barbara. So konnten sie sich über die Jahre weiterentwickeln und wachsen. Auch heute noch schauen die Watzls nach Trends und besuchen internationale Ausstellungen und Messen.

 
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Private Kunstauktion: »Wie ein Sechser im Lotto!«

In so vielen Jahren gab es schwere Zeiten, aber auch einige Highlights, an die Barbara gern zurückdenkt. Der Vater einer guten Freundin von ihr war Kunstsammler. Zu Lebzeiten sammelte er Bilder, Skulpturen und Briefmarken. 2003 veranstalteten die Watzls eine Auktion und veräußerten seine komplette Kunstsammlung.

»Da haben wir Bilder verkauft — wir sind fast in Ohnmacht gefallen!«, erinnert sich Barbara. Die Leute hätten sich hoch gesteigert und selbst für ein Briefmarkenalbum eine hohe Summe gezahlt. »Das war der Wahnsinn! Das war für uns wie ein Sechser im Lotto.«


Weitere Highlights in der Geschichte des Kunsthauses Watzl

Ebenfalls aufregend war für die Inhaberin des Kunsthauses, als das Ludwigsburg Museum im MIK eine Vergoldung anfragte. In einer großen Aktion wurde schließlich der bekannte Schriftzug außen am Ludwigsburg Museum im MIK vom Dienstleister des Kunsthauses vergoldet.

Die größte Verkaufsaktion in der Geschichte des Hauses gab es 2000. Damals verkauften die Watzls mehrere hundert Bilder eines Ludwigsburger Künstlers und Kunstlehrers. Dafür mussten sie extra jemanden einstellen, der nichts anderes tat, als fünf Monate lang alle diese Bilder zu vermessen, zu beschreiben und zu nummerieren.

Überregional bekannt wurden die Watzl schließlich 2018 durch die große Ausstellung der Werke James Rizzis im Das K in Kornwestheim. Auch das ein Highlight in der Geschichte des Kunsthauses!

 
Barbara hält verschieden farbige Rahmenmuster an das Bild, um das perfekte Rahmendesign zu finden.

Barbara hält verschieden farbige Rahmenmuster an das Bild, um das perfekte Rahmendesign zum Kunstwerk zu finden.

 

Der Rahmen eines Bildes steht nie im Vordergrund

Welche Bedeutung hat ein Rahmen für ein Bild?

»Unsere Einrahmungen sind unterstützend, sie halten das Bild zusammen. Der Rahmen steht nie im Vordergrund«, erläutert Barbara uns ihr Prinzip. Mitarbeiterin Jasmin Fautz (die ihr vielleicht noch vom »ABER HALLO Kollektiv« kennt, das letztes Jahr Communitymasken für euch genäht hat) hat das Rahmen als Lehrberuf gelernt und unterstützt die Watzls seit vielen Jahren in der Rahmenwerkstatt. Hier werden individuelle Rahmen gebaut und auch Vergoldungen angeboten.

Die Rahmen werden als Stangenware angeliefert und dann zugeschnitten und angepasst. Auch das Glas für die Rahmen lagert als riesige Glasscheiben in Watzls Werkstatt und wird nach Maß passgenau zugeschnitten.

Wir schauen zu, wie Jasmin und Barbara als eingespieltes Team gemeinsam einen kaputten Rahmen reparieren.

 
Mitarbeiterin Jasmin repariert einen zerbrochenen Rahmen

Mitarbeiterin Jasmin repariert einen zerbrochenen Rahmen

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Ein ganz eigenes Kapitel in der Rahmenwerkstatt sind Passepartouts (sogenannte Bilderweiterungen). Denn: »Ein Blatt (Kunstwerk) sollte nicht am Glas kleben«, erklärt Barbara Watzl. Wenn das Kunstwerk auf Papier gemalt ist, gehöre unbedingt ein Passepartout darüber. Gleichzeitig verstärkt der Weißraum rund um ein das Bild dessen Wirkung.

Passepartouts gibt es — wir staunen nicht schlecht — in vier verschiedenen Weißtönen und unzähligen Formen und Dicken. Wie gut, dass man hier nicht selbst auswählen muss, sondern von Barbara direkt zwei bis drei geeignete Passepartouts gezeigt bekommt, die aus ihrer Sicht gut zwischen Bild und Rahmen passen würden. Die Passepartouts werden mit dem eigenen Plotter mit einem 45 Grad Messer geschnitten.

 
Die Qual der Wahl: vier verschiedene Weißtöne für das Passepartout.

Die Qual der Wahl: vier verschiedene Weißtöne für das Passepartout.

 

Was muss man für einen individuell angefertigten Rahmen investieren?

Für einen 50 x 50 cm großen Holzrahmen mit konservierender Rahmung (also eine Bildereinrahmung unter Einhaltung professioneller Einrahmungsstandards mit säurefreien und alterungsbeständigen Materialien zum Schutz des Bildes) legt man etwa 300 Euro auf den Tisch. Wählt man einen Standardrahmen, reduziert sich der Preis um die Hälfte. »Die Einrahmung ist schon ein großer Faktor bei uns«, erklärt Barbara die Bedeutung der Rahmenwerkstatt fürs Kunsthaus. Tatsächlich werden häufiger selbst mitgebrachte Bilder gerahmt als im Kunsthaus gekaufte und »natürlich« dürfe ein Rahmen auch mal teurer sein als das Bild darin. Umsatzmäßig verteilen sich verkaufte Bilder und Rahmen im Verhältnis 50:50.

 
Barbara Watzl im Interview mit Tabea Lerch vor einem Bild von Devin Miles.

Barbara Watzl im Interview mit Tabea Lerch vor einem Bild von Devin Miles.

 

Persönliches Engagement und fachkundige Beratung als Erfolgsgeheimnis

Eins bleibt festzuhalten: Ein solches Kunsthaus über die Jahrzehnte aufzubauen und trotz allen Wandels in der Branche zur festen Größe am Markt zu machen, gelingt nicht ohne großes persönliches Engagement. Wir spüren, wie viel unermüdliche Arbeit hier drin steckt und wie wichtig die Persönlichkeiten der beiden Watzls für den Erfolg des Hauses sind. Gleichzeitig geht es nicht ohne die Unterstützung der fachlich kompetenten festen und freien Mitarbeiter:innen, wie Barbara betont.

Es scheint besonders die Beratung zu sein, die viele Menschen sehr zu schätzen wissen. Wir spielen das einmal durch und lassen uns von Barbara Watzl einen Rahmen an ein Bild anpassen. Folgendes können wir berichten:

Das Grundprinzip von Barbara Watzls Beratung ist Verknappung. Denn: Je größer die Auswahl, desto schwerer fällt den Kund:innen die Entscheidung. Darum führt sie Interessierte gezielt zu bestimmten Bildern, legt maximal vier Rahmenwinkel auf den Tisch und lässt zwischen zwei Glasarten wählen. Liest man die öffentlichen Rezensionen der Watzl-Kund:innen, die oft die hervorragende Beratung im Kunsthaus loben, so liegt sie damit goldrichtig.

 
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Die Watzls sind Mitte 60 — wie geht es weiter?

Das Kunsthaus befindet sich im 34. Jahr, Barbara selbst in ihrem 52. Arbeitsjahr — wie geht es weiter? Kürzlich haben die Eheleute Watzl beschlossen, weitere fünf Jahre dranzuhängen. Doch sie lassen es nach und nach ruhiger angehen. Als Peter 60 Jahre alt wurde, haben sie den Montag als Ruhetag eingeführt. Mit 63 wurde eine Mittagspause eingeführt (die es zuvor nicht gab!) und seit Corona wird nur noch auf Termin geöffnet — was sich übrigens so gut bewährt hat, dass es von nun an so bleibt.

Ihr Sohn, der ebenfalls im Haus an der Schorndorfer Straße lebt, und dessen Frau neulich das erste Enkelkind zur Welt gebracht hat, ist gelernter Landschaftsgärtner – und hat als LKW- und Kranführer seine Berufung gefunden. Somit wird er das Kunsthaus nicht übernehmen.

Welche Wünsche bleiben nach einem solch aufregenden Lebensweg? Die aktuelle Pandemie »werden wir sicherlich überstehen«, meint die Frau, die schon viele Krisen gemeistert hat. Gesundheit sei natürlich wichtig und gemeinsame Zeit mit dem Enkel. Zur Erinnerung an die aktuelle Zeit lässt Barbara von ihrer Mitarbeiterin Jasmin aktuell einige handgenähte Gesichtsmasken aus 2020 einrahmen, um sie als Zeitdokument aufzubewahren.

Wir leben das hier.
— Barbara Watzl

Und ihr größter Traum? »Das, was wir bis jetzt hatten! Wir leben unseren Traum jeden Tag. Wir denken gern zurück und freuen uns, dass wir auch heute noch immer wieder etwas Neues erleben dürfen.«

 
Juliane Höschle, Barbara Watzl und Tabea Lerch beim Interviewtermin (v.l.n.r.)

Juliane Höschle, Barbara Watzl und Tabea Lerch beim Interviewtermin (v.l.n.r.)

Vielen Dank, liebe Familie Watzl, für diesen spannenden und persönlichen Einblick in euer Kunsthaus.

Es war uns eine Freude!


Veröffentlichung: 10.08.2021
Autorin: Tabea Lerch
Aktuelle Bilder: Deborah Schulze